GEschichte der Alten Donau

Die Alte Donau

Reminiszenzen von Josef Kurt Darmstädter

 

Liebe Aduad-Freunde!

Wenn wir schon am schönsten Platz an der Alten Donau unsere Boote einstellen können, so sollte man doch ein wenig von dem

etwa 7 km langen Donau-Altarm, beginnend vom Wasserpark an der oberen Alten Donau bis zur Kagraner-Brücke und in der Folge von der unteren Alten Donau in Erfahrung bringen. 

  

Als sich das große ozeanische Wasserbecken, das von Osten her weit über die ungarische Tiefebene bis zu den Alpen reichte

und Teile unseres Kontinents bedeckte, Jahrtausende danach zum pannonischen Meeres­ golf verkleinerte und sich in ein Süßwasserbecken verwandelte, blieb ein weitverzweigtes Netzwerk von Flussläufen zurück. Infolge eines Hoch­wassers 

im Jahre 1402 entstand ein Nebenarm und hundert Jahre später, 1501, bildete sich das uns bisher als größtes Hochwasser bekannte, mit 14.000 m3/sec. Strömung, das das ganze Gebiet verwüstete, zu einem Hauptarm, die "Donau" (damals noch Thonaw genannt!}.

 

Es entwickelte sich ein reger Schiffsverkehr mit Ruder- und Segelschiffen von Bayern bis in den ungarischen Raum. Die erste Brücke wurde im Jahre 1439 errichtet; der so genannte "Albrechtsche Brückenzug ", später auch "Taborbrücke ". Er bestand aus drei Flussübergängen. Es war die einzige Verbindung über – dieses weitverzweigte Flussgebiet von Floridsdorf, über den Bereich des Augartens, in die Brigittenau bis zur Schlagbrücke beim Roten Turm-Tor, am "Wiener Arm " (dem Donaukanal!).

  

Als die Magyaren unter ihrem König Matthias Corvinus 1484 über den Donauweg in unser Land zogen, erfolgte von hier aus die Besetzung von Wien, wo die Ungarn bis zum Tode ihres Königs, bis 1490 verblieben. Die erste Türkenbelagerung 1529 brachte

neuerlich die Kriegswirren in das Donaustromgebiet, wo es erst nach dem Rückzug im Jahre 1532 zur Ruhe kam. Aber es dauerte

nicht lange, denn kurz nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges marschierten im Jahre 1619 vereinigte Heere gegen Wien. Kaiserlichen Truppen gelang es jedoch, die Gefahr abzuwehren. Die feindliche böhmisch-ungarische Streitmacht musste infolge Mangels an Verpflegung und Seuchen den Rückzug antreten. Im April 1645 eroberte der schwedische General Torstenson Korneuburg und gelangte somit auch in unser Donaugebiet. Kaum war der Glaubenskrieg 1648 zu Ende, waren es nur wenige Jahre, die dem leidgeprüften Lande geblieben sind, denn die zweite Türkenbelagerung 1683 stand vor den Toren Wiens. Da sich danach die kriegerischen Auseinandersetzungen in den Raum der mittleren Donau in Richtung Belgrad verlegten, ist es bei uns etwas ruhiger geworden, bis es zu den Napoleonischen Kriegen kam, die neuerlich Not und Elend den Menschen bescherte.

 

Die Französische Revolution und in der Folge Napoleon veränderten das Bild der Welt. Im Jahre 1809 spielte die strategisch wichtige

Tabarbrücke bei Floridsdorf, die heiß umkämpft worden war, abermals eine wichtige Rolle. So versuchte man mit brennenden

Schiffsmühlen und schweren Steinen beladenen "Stoßschiffen" den Wasserweg bis hinunter in die Lobau zu blockieren, um die Franzosen aufzuhalten, bis es zur Schlacht von Aspern kam.

 

Das alles spielte sich teilweise im Bereich unserer Alten Donau ab. Nach dem Wiener Kongress 1814/15, wo sich Fürsten und Staatsmänner über eine neue Ordnung in Europa nach Napoleon berieten, wurde es etwas ruhiger in unserer Region.

 

Längst ist nach der Erfindung der Dampfmaschine das industrielle Zeitalter hereingebrochen. Als der Amerikaner Robert Pulton im

Jahre 1807 mit seinem Schiff "Clermont" das erste "Dampfschiff'' auf dem Hudson vorstellte, war der Weg für die Dampfschifffahrt

auf Flüssen und den Ozeanen frei geworden. Am 12. Juni 1816 befuhr erstmals ein Dampfschiff, ein englisches Boot, den Rhein bei Köln. Zur gleichen Zeit sind auch erstmals Dampfschiffe auf der Elbe in Erscheinung getreten. Schließlich wurden der kaiserlichen

Hofkammer Vorschläge zur Verwendung von Dampfschiffen auf der Donau unterbreitet, wonach Kaiser Franz I. am 7. Juli 1813 ein

Dekret erließ, mit welchem demjenigen ein ausschließliches Privilegium zugesichert wurde, der imstande wäre, befrachtete Donauschiffe ohne Anwendung von Zugtieren stromaufwärts fortzubewegen.

 

Am 13.März 1829 wurde die "Erste k.k. priv. Donau-Dampfschifffahrts­ Gesellschaft gegründet und wenige Monate danach hatte man an einer kleinen Werft in Floridsdorf den Bau des ersten Dampfschiffes auf der Donau "Franz I.“ in Auftrag gegeben. Am 17. September 1830 trat somit das erste stolze "Donaudampfschiff'' zur Fahrt nach Budapest an und benötigte für die 280 km lange Strecke nur die beachtliche Zeit von 14 Stunden und 15 Minuten. Die Rückfahrt von Budapest nach Wien dauerte allerdings 48 Stunden und 20 Minuten. Es war dies der Auftakt zu einer neuen Epoche, damit wurde der Grundstein zur Dampfschifffahrt auf der Donau gelegt. Die erste Schiffsstation wurde 1840 am Dampfschiffhaufen errichtet. (Wo sich derzeit das Straßenbahnerbad befindet!)

 

Im Jahre 1867 stellte der Walzerkönig Johann Strauß (Sohn), im "Dianabad" den wohl schönsten Walzer "An der schönen blauen Donau" den Wienern vor. Obwohl es im Fasching war, herrschte wegen der Schlacht bei Königgrätz (1866) eine deprimierte Stimmung

im Lande. So musste auch der Text neu geschrieben werden, erst dann wurde der Walzer ein großer Erfolg.  

 

In den Jahren 1870 - 1875 fand die große Donauregulierung statt. Die Donau wurde in ihr neues Bett umgeleitet. Der 14. April 1875 war somit der Geburtstag unserer Alten Donau, die zu einem etwa 7 km langen Altarm umfunktioniert worden war. Es dauerte einige Jahre, bis die Schiffsmühlen, Anlegeplätze für Schiffe, diverse Verwaltungsgebäude und Häuser, wo einstmals reges Leben und Treiben herrschte, abgesiedelt wurden. Nur wenige Gaststätten und Erfrischungshütten blieben erhalten, um die nur zögernd eintreffenden Wiener Ausflügler und Spaziergänger versorgen zu können.

 

Langsam wurde die Alte Donau zu einem gern aufgesuchten Ausflugsgebiet. Die Müllerfamilie Birner betrieb bereits eine Bootsvermietung und zwei Badeanstalten. Das "Birner Bad" war das erste Freibad auf dem Donaufelder Boden. Das Gasthaus Birner existiert heute noch und wird gerne aufgesucht.

  

Um die Jahrhundertwende entstanden immer mehr Freibäder. Das Gänsehäufel wurde zu einem begehrten Aufenthaltsort für die Badenden. Es war die Zeit, wo ein Florian Berndl durch seine eigenwillige Art als "Gesundheitsapostel" immer mehr badefreudige Menschen begeisterte. Wegen des regen Interesses hatte die Gemeinde Wien sogar Badeverbots­ tafeln aufstellen lassen. Luft- und Sonnenbäder sind modern geworden. War es einstmals(1888) das Birner'sche "Vier-Kreuzer Bad“ an der oberen Alten Donau, das zum Baden eingeladen hatte, so sind es immer mehr Badeanstalten geworden. Es entstanden die ersten Lust- und Nutzgartenvereine,

die Städter wurden zu begeisterten Gärtnern. Der "Schrebergarten" wurde für viele zum Paradies. Es wurden Obstbäume gesetzt und Hausgärten angelegt, so konnte der Selbstversorger, besonders in den Jahren größter Arbeitslosigkeit (1934 - 38) sparsamer leben.  

 

Auch die Eisgewinnung war ein lukratives Geschäft. In der kalten Winterszeit, wenn die Wasserfläche zugefroren war, wurden mit langen Sägen die Eisdecke bearbeitet und Eisblöcke herausgeschnitten, die in Eiskellern gelagert und den Wirtsleuten, Brauereien und Fleischhauern angeliefert wurden. Erst durch die Kunsteiserzeugung in den Jahren ab 1930 ist dieses Gewerbe erloschen.

 

Infolge der Industrialisierung sind immer mehr ausländische Fachkräfte nach Wien gekommen, die ein reges Interesse an diversen Wassersport arten zeigten·. Es entstanden die ersten Segel- und Ruderklubs. An der Kagranerbrücke erfolgte der Start, im Bereiche gegenüber der Rehlackenwiese stand der so genannte 1.000-er Baum. Es war die wichtigste Wettkampfstrecke für Regatta-Veranstaltungen. Immer mehr entwickelte sich die Alte Donau zum Erholungsgebiet für die Wiener, denn Reisen, wie heutzutage in die Karibik, Sri Lanka, oder anderswo in die weite Welt, hat es damals noch nicht gegeben. 

  

Im Jahre 1938, nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich wurde Wien vergrößert. Damals hatte Wien nur 21 Bezirke, das auf 26 Bezirke erweitert worden war. Im Jahre 1954 erfolgte abermals eine Änderung, die Bezirke Schwechat, Mödling und Klosterneuburg wurden wieder nach Niederösterreich umgesiedelt. Wien blieb doch etwas vergrößert mit 23 Bezirken bestehen. Im Rahmen dieser Maßnahmen ist auch der Bereich der Alten Donau von der Leopoldstadt abgetrennt worden. Womit nunmehr die Alte Donau zum 21. bzw. 22. Wiener Gemeindebezirk gehört. Die Neue Donau ist nunmehr die Bezirksgrenze. Wenn auch die Loslösung

vom Prater erfolgte, so ist die Stimmung von Unterhaltsamkeit und Lebensfreude erhalten- geblieben.

 

Ja, meine lieben "ADUAD-er", mit diesem kleinen Beitrag wollte ich euch ein wenig aus längst vergangenen Zeiten erzählen.

 

Josef Kurt Darmstädter